Tasten-Steuerung fürs iPhone

Tasten-Steuerung fürs iPhone

Touchscreens zur Bedienung von Computern haben einen Durchmarsch hingelegt, doch allmählich beginnt eine Gegenbewegung. Das Zusatzgerät O6 ist ein Beispiel dafür ? leider aber kein sehr gelungenes.

Täglich über sind wir umgeben von Bildschirmen: am Smartphone, am Laptop, am Tablet, am Fernseher und manchmal auch noch am Baby-Monitor. All das Starren auf bunte Bildschirme ist ermüdend für die Augen ? und für das Gehirn.

Genau das macht ein rundes Zusatzgerät, das in den USA für 99 Dollar zu haben ist, so interessant. Mit dem O6, der ein wenig aussieht wie ein Gummi-Keks mit Metallring, sollen sich iPhones statt über den Bildschirm mit Tasten und einem Drehregler bedienen lassen.

Mit dem Smartphone verbunden wird das Produkt über Bluetooth. Zusammen mit einer App ist es dann möglich, das iPhone mit Befehlen am O6 neue E-Mails, Twitter-Nachrichten oder gespeicherte Online-Artikel vorlesen zu lassen. Mit einem Druck auf die Taste in der Mitte kann man zudem Anrufe annehmen, und auch die Steuerung einiger Funktionen von anderen Apps wie Pandora, Spotify oder Netflix ist möglich.

Entwickelt wurde der O6 von einem Unternehmen namens Fingertips Labs. Dahinter verbirgt sich ein allgemeineres Umdenken bei der Interaktion zwischen Mensch und Computer und die Suche nach Alternativen zu Bildschirmen, die sich in vielen Bereichen unseres Lebens ausgebreitet haben. Am beliebtesten sind in diesem Bereich derzeit Verfahren mit Sprachsteuerung ? Alexa von Amazon, Google Assistant oder Siri von Apple. Fingertips Labs aber sieht Bedarf nach einer stärker taktilen Erfahrung. Und weil immer noch viele Menschen ihr Telefon beim Fahren benutzen, glaubt das Unternehmen, auch hier helfen zu können, denn mit dem O6 müssen die Augen zumindest nicht mehr auf den Bildschirm wandern.

In der Theorie klingt das überzeugend. Es hat etwas Bequemes und auch einen gewissen Retro-Schick, zur Steuerung ein kleines, einfaches Stück Hardware zu verwenden, das mit wenigen beweglichen Teilen Tippen und Wischen auf einem Glas-Bildschirm unnötig macht.

In der Praxis aber ist der O6 noch nicht so weit. Mit seiner strukturierten, zweifarbigen Oberfläche sieht er gefällig aus, und der eingebaute Drehregler fasst sich angenehm an. Beim Drehen freut man sich über das hörbare mechanische Klicken, und auch das deutliche Summen als Rückmeldung bei manchen Aktionen ist nützlich.

Mit einer Halterung, die für 19 Dollar erhältlich ist, lässt sich das Gerät zum Beispiel an einem Kinderwagen befestigen, um auf dem Weg zum Kindergarten eine Radio-App zu bedienen ? eine gute Idee, wenn man neben seinem Baby nicht auch noch das Telefon in die Hand nehmen will. Allerdings fällt es auch nach einigem Experimentieren schwer, sich die Zahl der nötigen Tastendrücke (und auf welche der beiden Tasten) zu merken, wenn man den Drehregler zur Lautstärkeregelung verwenden will. Denn je nach gewähltem Modus ist er für die Lautstärke da oder für das Springen zum nächsten Stück.

Allgemein ist der Regler zudem unglaublich empfindlich. Das könnte nützlich sein, bedeutet in der Praxis aber, dass man ständig Radio-Beiträge oder E-Mails weiterklickt, die man eigentlich hören wollte. Und obwohl es eine gute Idee ist, den O6 als Auslöser für die Smartphone-Kamera zu verwenden, ist es schwer nachvollziehbar, dass man dafür den Regler drehen soll, statt einfach auf die Taste in der Mitte zu drücken.

Außerdem kam es beim Testen häufig vor, dass der O6 auf Drücken oder Drehen verzögert reagierte. Man dreht dann weiter und drückt herum, und irgendwann fängt das Telefon an, zu piepsen und ein Durcheinander von unerwünschten Informationen auszugeben.

Auch im Auto lässt sich das Gerät verwenden ? dafür gibt es eine Befestigung für das Lenkrad, die ebenfalls 19 Dollar kostet. Die Montage ist problemlos. Aber die Benutzung ist, offen gesagt, schrecklich und wirkte von Anfang an gefährlich.

Beim Anhören von in der App Pocket gespeicherten Geschichten zum Beispiel kommt man mit der Hand leicht an den Drehregler, was als Befehl zum Wechseln zum nächsten Beitrag verstanden wird. Beim Übergreifen am Lenkrad war der O6 häufig im Weg. Auf der Autobahn konnte es passieren, dass sich das Gerät bei der Benutzung aus der Befestigung löste. Weitere Tests erschienen dann nicht mehr sinnvoll.

Interessant ist die Idee einer Schnittstelle mit Tasten für Smartphones trotzdem, und es ist zu hoffen, dass Fingertips Labs sie weiter verfolgt. Nach einer aktuellen Studie der Marktforschungsfirma comScore benutzen Erwachsene in den USA ihr Smartphone im Durchschnitt jeden Tag mehrere Stunden lang. Also sollte es durchaus Chancen geben für ein einfaches Gerät, das die Bedienung weniger ermüdend für die Augen und vielleicht auch sicherer macht.

(Rachel Metz) / (sma)

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